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In Au polterts gewaltig

Au/Hallertau – Ins „Startbahnerwartungsland“ waren Gerhard Polt und die Well-Brüder gekommen. In Au traten sie beim Dellnhauser Volksmusikfest auf. Auch Bürgermeister Karl Ecker wurde eingebaut.

Hallertau - 40 Cent

Die Mehrzweckhalle in Au war voll. Ausverkauft. Schon seit Monaten gab es für die Veranstaltung mit Gerhard Polt und den Well-Brüdern (Stofferl, Michael und Karl) keine Tickets mehr. Der Bürgermeister Karl Ecker sei ein sehr sparsamer, sangen die Wellbrüder. Er baue eine Halle für 800 Leute, kaufe aber nur 400 Stühle. Deshalb seien die anderen 400 „Leihstühle von Nandlstadt“.

Überhaupt, der Markt Au. Da gebe es eine Wirtschaft nach der anderen. „Aber eine Realschule, die habt’s net“, frotzelten die Well-Brüder. Sie haben sich gut über die Gemeinde informiert, sich auch bei „Wikileaks“ erkundigt. Schön, dass sie mal wieder in Niederbayern gelandet sind, meinte das Trio. Sofort folgten Pfiffe aus dem Publikum. „Wir wissen alles“, beschwichtigten die Musiker gleich. „Das ist nur ein Reaktionstest.“

Gerhard Polt saß während dieses amüsanten Vorspiels ruhig auf seinem Stuhl, beobachtete und fuhr in den nächsten Stunden zu voller Größe auf. In seiner unvergleichlichen Art und Weise ging Polt sein Thema nie direkt an. Seine Geschichten nahmen immer wieder überraschende Wendungen, er verzögerte die Pointe, spannte die Zuschauer auf die Folter. Und das ganz unaufgeregt, die Hände oft in den Hosentaschen vergraben.

Da erzählte er die Geschichte des Tankstellenbesitzers, der nachts beobachtet, wie sich zwei Gestalten an seinem Gummibärli-Automaten zu schaffen machen. Der Mann geht runter in den Keller. Aber schön langsam. Schließlich muss er sich überlegen, welches Kaliber er wählt.

Grandios war Polt auch in der Rolle des Sprechers einer Kreissparkasse. Auf der Bühne entwickelte sich dazu ein Schauspiel mit den Wellbrüdern. Es ging um Kultursponsoring in der Provinz. Er spreche das aber richtig aus, sagte Polt: in der Provence. Zur Vernissage erklang das Lied „Inkasso“, auf dem Dudelsack.

Bei Polt sind die Witze nie platt, aus Themen wie dem Autokauf holt er originelle Seiten heraus. Dabei spielt er mit den Anglizismen Er pushed den Button in seinem Wagen, um die Klimavariation Hawaii abzurufen. Seine Frau transpiriert, deshalb bekommt sie eine andere Einstellung. „Die hockt im Iglu.“

Die Well-Brüder nicken zu den Ausführungen bedächtig, schmunzeln immer wieder und bringen die Leute selbst zum Lachen und mit ihrer musikalischen Wandelbarkeit zum Staunen. Phänomenal war etwa der Milchrap „40 Cent“, der sich um den Preiskampf drehte und wo Christoph (Stofferl) Well so richtig aufdrehte. Die Musiker können virtuos mit jedem ihrer Instrumente umgehen. Auch die „Gigaliner der Stubnmusik“ hatten sie dabei. Mit den Alphörnern sorgten sie für „ein bissl Lüftung“. Sie spielten „Freude schöner Götterfunken“. Was für ein göttlicher Abend! (mei)

Zum Artikel auf Merkur-online.de

Hier geht’s zu unsere  „Gstanzl zur Au“ zum Nachlesen.

Imst – Ein satirisch-musikalischer Rundumschlag: Gerhard Polt und die Wellbrüder aus’m Biermoos beim TschirgArt Jazzfestival.

Der Tiroler Landtagswahlkampf wurde nicht nur hierzulande genau beobachtet und mitunter hitzig diskutiert. Auch im beschaulichen Hausen in Oberbayern machte man sich über die offensichtlich mehrheitsfähige Angst vor „italienischen Verhältnissen“ Gedanken und verarbeitete sie flugs zum hintersinnigen G’stanzl über südliche Nachbarn, die Tirol zukünftig wohl boykottieren dürften. Mit dieser musikalisch aufbereiteten Überlegung eröffneten die Brüder Christoph, Michael und Karl Well am Freitagabend ihren Auftritt beim Imster TschirgArt Jazzfestival. Überhaupt gaben sich die Wellbrüder aus’m Biermoos ortskundig. Sie stichelten gegen den Landeshauptmann. Erinnerten an dessen wenig ruhmreiches Treffen mit Vorzeigekicker David Alaba und sinnierten in leitmotivisch wiederkehrenden Abschweifungen über die Liebe mancher Tiroler Gemeinden, vorzugsweise solcher im Unterland, zum Kreisverkehr. Bei so viel Lokalkolorit waren die Lacher vorprogrammiert. Bereits nach wenigen Minuten hatten die virtuos aufspielenden bayrischen Multik­instrumentalisten das Publikum im Glenthof für sich eingenommen.

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Nur einer lachte nicht. Aber das gehörte zum Programm. Während sich seine Bühnenpartner die Tiefen und Untiefen des Alltags aufs Korn nahmen, saß Gerhard Polt auf seinem Stuhl und beobachtete das Treiben mit mal gelangweilter, mal mürrischer Miene. Erst nachdem die Wellbrüder das Publikum richtig angeheizt hatten, erhob sich dieser grimmige Buddha, trat ans Mikrofon und setzte zu einem seiner inzwischen legendären verbalen Rundumschläg­e an. Scheinbar mühelos – und ohne sich groß zu verändern – schlüpfte der mittlerweil­e 71-Jährig­e dabei in die verschiedensten Rollen. Gab den bier­seligen Philosophen genauso wie den zurückgetretenen Papst.

Alles, was Polt über den Weg und bisweilen über die Leber läuft, kann zum Inhalt einer satirischen Suada werden. Polt schaut den Menschen aufs Maul, stellt die zahllosen phrasendreschenden Lokalpolitiker, großmäuligen Autonarren und wichtigtuerischen Sparkassenleiter mit ihren eigenen Worten bloß. So entlarvt er die spießbürgerliche Sehnsucht nach Gemütlichkeit als rücksichtslose Genusssucht, entwirft das Bild einer Gesellschaft, die immer kurz davor ist, zur Karikatur ihrer selbst zu werden, und sorgt für Lacher, die regelmäßig Gefahr laufen, einem im Hals­e stecken zu bleiben.

Aber auch in den musikalischen Zwischenspiele­n der Wellbrüder kommt anarchische Gesellschaftskritik nicht zu kurz. So gibt Christoph Well „40 Cent“, einen Gangsta-Bauern mit Wollkappe und tief­hängenden Lederhosen, der für gerechte Milchpreis­e rappt, und im anrührenden „S’ Diandl liab’n“ prangern die drei Brüder auf eindrückliche Weise die Scheinmoral kirchlicher Würdenträger an.

von Joachim Leitner

www.tt.com Rappende Milchbauern im Kreisverkehr

Buch von Christoph und Michael Well zu ihrer Zeit in der Biermösl Blosn

Tokyo – Kapstadt – Hausen

Buch der Well-Brüder Christoph und Michael Well „Biermösl Blosn. Tokyo – Kapstadt – Hausen“ über ihre Zeit in derselbigen – Gerhard Polt sagte einmal: “Wer eine Biografie hat, ist selbst schuld und wer eine schreibt auch” – Michael und Stofferl Well haben trotzdem eine geschrieben. Beziehungsweise dann doch eher schreiben lassen. Von vielen Prominenten und weniger Prominenten Wegbegleitern in der Zeit bei der Biermösl Blosn. Den gesamten Beitrag von Joana Ortmann vom 5. April auf Bayern 2 (KulturWelt) könnt ihr hier nachhören.

Biermösl Blosn. Tokyo - Kapstadt - Hausen

Weißblaue Wahrheiten – Gerhard Polt und die „Wellbrüder“ setzen im Saalbau auf Kontinuität, auch wenn man nicht alles versteht

 

Neustadt. Eine große Familie kann ein echter Segen sein: Anfang 2012 trennten sich die legendären „Biermösl Blosn“ Hans, Christoph und Michael Well im Streit, doch die Volksmusikantenfamilie aus Günzelhofen bei Fürstenfeldbruck besteht aus insgesamt 15 Geschwistern, und so machen Stofferl und Michael jetzt eben mit Bruder Karli unter dem Namen „Die Wellbrüder aus’m Biermoos“ nahtlos da weiter, wo sie seinerzeit aufgehört haben. Dass ihr langjähriger Partner Gerhard Polt ein Muster an Kontinuität ist, versteht sich ohnehin von selbst, und so gab es am Donnerstag im restlos ausverkauften Saalbau mehr als ein Déjà-vu für die begeisterten Fans.

Gerhard Polt

Auch all diejenigen, die schon 2006 beim letzten Neustadter Polt-Gastspiel im Saalbau mit dabei waren, als der Kulturverein Wespennest sich und sein Publikum zum 25. Geburtstag etwas Besonderes gönnte, konnten sich jetzt um ein paar Jahre zurückversetzte fühlen: das gleiche wilde Instrumenten-Sammelsurium auf der Bühne, die gleiche minimalistische Ausstattung mit drei Stühlen links für die Musiker und eine, etwas abgerückt, rechts für Polt. Auf dem sitzt der „exorbitante Kabarettist“ (Polt über Polt) dann teilnahmslos mit verbiesterter oder im besten Fall gelangweilten Miene, während die Well-Brüder ihre G’stanzl singen. Dass er sich aufs beredte Schweigen versteht, hat er ja schon 1980 bei der Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises bewiesen, als er auf die Zensur seines Manuskripts durch das ZDF dadurch reagierte, die ihm als Preisträger eingeräumten zehn Minuten Redezeit einfach gar nichts zu sagen. Auf „Youtube“ kann man diese Sternstunde der deutschen Fernsehunterhaltung noch heute besichtigen.

Inzwischen ist der Münchner 70 und schlüpft, wenn er sich denn mal erhebt, um ans Mikro zu treten, immer noch am liebsten in die Rolle des bornierten Normalbürgers oberbayerischer Prägung, der sich von seinem beschränkten Horizont und seinen ebenso begrenzten sprachlichen Möglichkeiten nicht davon abhalten lässt, seine Meinung über alles und jedes kundzutun. Er gibt den nicht ganz nüchternen Vereinsmeier von der Feuerwehr, der sich über die negative Berichterstattung des Lokal-Fernsehens erregt – Hauptvorwurf: die Anzahl der verzehrten Rollbraten war nicht korrekt. Er schlüft in die Rolle des stellvertretenden Kreissparkassendirektors, der einen Kunstpreis zu vergeben hat, sich aber eigentlich nur für das Foto von der Scheckübergabe in der Lokalzeitung interessiert. Und auch als passionierter Autofahrer („Fußgängerei ist für mich gelaufen“) und als Sammler von CSU-Devotionalien, wobei er ganz nebenbei einige der Leichen im Partei-Keller ausgräbt, macht er eine gute Figur

Die „Wellbrüder“ verstehen etwas von Musik und switchen virtuos zwischen den Stilen.

Was er vorträgt, meist mit mürrischer Grantler-Miene und sichtlich überfordert von der eigenen, verwickelteren Gedankengeängen, ist ein grandioses Spiel mit Klischees, immer entlarvend, oft auch wirklich komisch, manchmal aber auch so dumpfbackig, dass man ähnlich wie bei seinem saarländischen Kollegen Gerd Dudenhöffer am liebsten schreiend davonlaufen würde. Nur einmal, als Papst Benedikt XVI., zeigt der Kabarettist, dass er auch ein begnadeter Parodist ist: Im virtuos imitierten Ratzinger-Singsang vrbreitet er einen italienisch-lateinisch-bayerischen Nonsens-Mischmasch, bei dem man nur Brocken wie „Bunga Bunga“ oder „Brotzeit bavarese“ heraushören kann. Noch mehr Beifall erhält der Sprachartist nur noch für seine Darbietungen als Flamenco-Sänger und als arabischer Eiferer. Ein Running Gag ist der Biergarten-Philosoph und dessen Warnung vor der mangelnden Transparenz von Steingutkrügen, weswegen einem unversehens ein „Auswurf oder Lungenhering“ in den Hals geraten kann.

Auch über Mehrheit und Minderheit muss sich Polt äußern, was einen dazu bringt, dass in seinem eigenen Programm eigentlich selbst in der Minderheit ist. Denn wie früher schon die „Biermösl Blosn“ bestritten auch die „Wellbrüder aus’m Biermoos“ mit ihrer satirisch überformten Stubenmusi den größteren Teil des Abends – auch wenn das Neustadter Publikum höchstwahrscheinlich nur die Hälfte der subversiven Texte verstanden hat. Dabei erwiesen sie sich gleich zu Beginn als gut gebrieft, denn sie sezieren die Neustadter Lokalpolitik bis hinab in kleinste Verästelungen. Und im „Divertimento bavarese“ von Mozart angeblich bei einem Zwangsstopp in ihrer Heimat komponiert, zeigen die Multiinstrumentalisten, dass sie ihr Handwerk wirklich können. Der Stofferl und der Michael haben schließlich nicht umsonst mal bei den Münchner Philharmonikern gespielt. Der Karli fügt sich dabei so gut ins Trio ein, dass man den Hans nicht wirklich vermisst. Einfach grandios sind ihre Alphorn-Melodien und Christophs Solo als renitenter Milchbauern-Rapper („Fourty Cent oder der Aldi brennt“).

Als Zugabe stimmt Polt dann ein „E-Mam-Be-Le“ an, angeblich ein Stück aus Afrika, das aber vor allem eine Parodie auf den allgemeinen Weltmusik-Hype ist. Der Zwei-Meter-Mann legt dabei stimmliche (und tänzerische) Fähigkeiten an den Tag, die man Ihm nicht unbedingt zugetraut hätte. Und man nimmt mit Erleichterung zur Kenntnis, dass er nicht immer phlegmatisch ist, wie es seine „Besetzung“ bei den Wellbrüden aus’m Biermoos befürchten ließe. ­­

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