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Wie aus dem Schuhplattler der Flamenco entstanden ist

Spaß Well-Brüder in der Lasterbachhalle – Musik mit Witz und bayerischem Humor

Elsoff. Wenn in Elsoff die Stühle knapp werden, dann sind garantiert die Well-Brüder zu Gast. Auch am Samstagabend meldete der Kulturverein ein ausverkauftes Haus. Wobei ausverkauft fast noch untertrieben ist. Die Lasterbachhalle platzte aus allen Nähten, als die Well-Brüder aus’m Biermoos die Bühne betraten. Als sie diese nach rund zweieinhalb Stunden wieder verließen, gab es begeisterten Applaus für ihr Programm – eine gelungene Mischung aus Musik, politischem Witz und bayerischen Geschichten.

Well Brüder in der Lasterbachhalle

Erstmals war die Gruppe in der Besetzung Michael, Stoffel und Karl Well im Westerwald zu Gast. Die Tradition der Biermösl BLosn führten sie aber in altewährter Form weiter. Dazu gehörte auch ihr Einblick in das jeweilige lokale Geschehen. So wurde der Limburger Bischof ebenso zur Zielscheibe wie VG-Bürgermeister Werner Daum. Und selbst die Renneroder Westumgehung, das Dernbacher Krankenhaus und die „Leistungen“ der Elsoffer Fußballer hatten sich bis ins Biermoos herumgesprochen.

Die musikalische Qualität und Vielseitigkeit der Wells zu loben, hieße Weißbier nach Bayern zu tragen. Ganz vorn dabei war natürlich der Stoffel, der auch an diesem Abend gefühlte 50 Instrumente zur Hand nahm. Zu ihrem Musikinventar gehörten: Klarinette, Tuba, Akkordeon, Bariton, Trompete, Gitarre, Harfe, Hackbrett, Dudelsack, Alphorn, Querflöte, Kontrabass, und, und, und. Während sich der Stoffel an atemberaubenden Soli mühte, schauten die Brüder derweil gelangweilt zur Decke. Genial und komisch zugleich war ihre internationale Musikrevue auf drei Alphörnern.

Eine ganz wichtige Person in ihrem Programm stand allerdings nicht auf der Bühne: Der Trexler Toni. Dieser ominöse Kreisheimatpfleger im Biermoos ist immer gut für musikgeschichtliche Entdeckungen der besonderen Art. Wer sonst hätte herausgefunden, dass der Flamenco vom Schuhplattler abstammt. Entstanden, als sich spanische Früheinwanderer an den bayerischen Seen der Stechmücken-Plage erwehren mussten – „Maleria Bavaria“ sozusagen. Der Toni hat auch herausgefunden, dass Mozarts Kutsche auf dem Weg nach Salzburg im viel zu engen Kreisverkehr von hausen (Heimatort der Wells) zusammenbrach. Daher ist hier eines seiner berühmten Stücke entstanden, das die drei dann auch gleich zum Besten gaben.

Natürlich bekamen auch die CSU und die katholische Kirche ihr Fett weg. Wobei Parteichef Seehofer genervt stöhnte: „In meinem Darm sind alle dahoam.“ Und der liebe Gott ließ ausrichten, dass er aus der katholischen Kirche längst ausgetreten sei. Selbst Julia Klöckner hielt Einzug in ihr Programm, wenn auch nicht gerade schmeichelhaft: „Erst träum i vom ochs und auch vom Vieh. Dann träu mi von der Klöckner, was Gescheits träum i nie.“ Höhepunkt und Abschluss bildete der Milchbauern-Rap, der in der Forderung gipfelte: „40 Cent oder der Müller-Milch brennt.“

von Wolfgang Gerz

Weißblaue Wahrheiten – Gerhard Polt und die „Wellbrüder“ setzen im Saalbau auf Kontinuität, auch wenn man nicht alles versteht

 

Neustadt. Eine große Familie kann ein echter Segen sein: Anfang 2012 trennten sich die legendären „Biermösl Blosn“ Hans, Christoph und Michael Well im Streit, doch die Volksmusikantenfamilie aus Günzelhofen bei Fürstenfeldbruck besteht aus insgesamt 15 Geschwistern, und so machen Stofferl und Michael jetzt eben mit Bruder Karli unter dem Namen „Die Wellbrüder aus’m Biermoos“ nahtlos da weiter, wo sie seinerzeit aufgehört haben. Dass ihr langjähriger Partner Gerhard Polt ein Muster an Kontinuität ist, versteht sich ohnehin von selbst, und so gab es am Donnerstag im restlos ausverkauften Saalbau mehr als ein Déjà-vu für die begeisterten Fans.

Gerhard Polt

Auch all diejenigen, die schon 2006 beim letzten Neustadter Polt-Gastspiel im Saalbau mit dabei waren, als der Kulturverein Wespennest sich und sein Publikum zum 25. Geburtstag etwas Besonderes gönnte, konnten sich jetzt um ein paar Jahre zurückversetzte fühlen: das gleiche wilde Instrumenten-Sammelsurium auf der Bühne, die gleiche minimalistische Ausstattung mit drei Stühlen links für die Musiker und eine, etwas abgerückt, rechts für Polt. Auf dem sitzt der „exorbitante Kabarettist“ (Polt über Polt) dann teilnahmslos mit verbiesterter oder im besten Fall gelangweilten Miene, während die Well-Brüder ihre G’stanzl singen. Dass er sich aufs beredte Schweigen versteht, hat er ja schon 1980 bei der Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises bewiesen, als er auf die Zensur seines Manuskripts durch das ZDF dadurch reagierte, die ihm als Preisträger eingeräumten zehn Minuten Redezeit einfach gar nichts zu sagen. Auf „Youtube“ kann man diese Sternstunde der deutschen Fernsehunterhaltung noch heute besichtigen.

Inzwischen ist der Münchner 70 und schlüpft, wenn er sich denn mal erhebt, um ans Mikro zu treten, immer noch am liebsten in die Rolle des bornierten Normalbürgers oberbayerischer Prägung, der sich von seinem beschränkten Horizont und seinen ebenso begrenzten sprachlichen Möglichkeiten nicht davon abhalten lässt, seine Meinung über alles und jedes kundzutun. Er gibt den nicht ganz nüchternen Vereinsmeier von der Feuerwehr, der sich über die negative Berichterstattung des Lokal-Fernsehens erregt – Hauptvorwurf: die Anzahl der verzehrten Rollbraten war nicht korrekt. Er schlüft in die Rolle des stellvertretenden Kreissparkassendirektors, der einen Kunstpreis zu vergeben hat, sich aber eigentlich nur für das Foto von der Scheckübergabe in der Lokalzeitung interessiert. Und auch als passionierter Autofahrer („Fußgängerei ist für mich gelaufen“) und als Sammler von CSU-Devotionalien, wobei er ganz nebenbei einige der Leichen im Partei-Keller ausgräbt, macht er eine gute Figur

Die „Wellbrüder“ verstehen etwas von Musik und switchen virtuos zwischen den Stilen.

Was er vorträgt, meist mit mürrischer Grantler-Miene und sichtlich überfordert von der eigenen, verwickelteren Gedankengeängen, ist ein grandioses Spiel mit Klischees, immer entlarvend, oft auch wirklich komisch, manchmal aber auch so dumpfbackig, dass man ähnlich wie bei seinem saarländischen Kollegen Gerd Dudenhöffer am liebsten schreiend davonlaufen würde. Nur einmal, als Papst Benedikt XVI., zeigt der Kabarettist, dass er auch ein begnadeter Parodist ist: Im virtuos imitierten Ratzinger-Singsang vrbreitet er einen italienisch-lateinisch-bayerischen Nonsens-Mischmasch, bei dem man nur Brocken wie „Bunga Bunga“ oder „Brotzeit bavarese“ heraushören kann. Noch mehr Beifall erhält der Sprachartist nur noch für seine Darbietungen als Flamenco-Sänger und als arabischer Eiferer. Ein Running Gag ist der Biergarten-Philosoph und dessen Warnung vor der mangelnden Transparenz von Steingutkrügen, weswegen einem unversehens ein „Auswurf oder Lungenhering“ in den Hals geraten kann.

Auch über Mehrheit und Minderheit muss sich Polt äußern, was einen dazu bringt, dass in seinem eigenen Programm eigentlich selbst in der Minderheit ist. Denn wie früher schon die „Biermösl Blosn“ bestritten auch die „Wellbrüder aus’m Biermoos“ mit ihrer satirisch überformten Stubenmusi den größteren Teil des Abends – auch wenn das Neustadter Publikum höchstwahrscheinlich nur die Hälfte der subversiven Texte verstanden hat. Dabei erwiesen sie sich gleich zu Beginn als gut gebrieft, denn sie sezieren die Neustadter Lokalpolitik bis hinab in kleinste Verästelungen. Und im „Divertimento bavarese“ von Mozart angeblich bei einem Zwangsstopp in ihrer Heimat komponiert, zeigen die Multiinstrumentalisten, dass sie ihr Handwerk wirklich können. Der Stofferl und der Michael haben schließlich nicht umsonst mal bei den Münchner Philharmonikern gespielt. Der Karli fügt sich dabei so gut ins Trio ein, dass man den Hans nicht wirklich vermisst. Einfach grandios sind ihre Alphorn-Melodien und Christophs Solo als renitenter Milchbauern-Rapper („Fourty Cent oder der Aldi brennt“).

Als Zugabe stimmt Polt dann ein „E-Mam-Be-Le“ an, angeblich ein Stück aus Afrika, das aber vor allem eine Parodie auf den allgemeinen Weltmusik-Hype ist. Der Zwei-Meter-Mann legt dabei stimmliche (und tänzerische) Fähigkeiten an den Tag, die man Ihm nicht unbedingt zugetraut hätte. Und man nimmt mit Erleichterung zur Kenntnis, dass er nicht immer phlegmatisch ist, wie es seine „Besetzung“ bei den Wellbrüden aus’m Biermoos befürchten ließe. ­­

Bissiges aus dem Biermoos

Beim Herfahren haben sie sich noch gedacht, „des gibt’s doch net,/dass euer Bahnhofsgebäude immer no steht.“ Je näher die drei Wellbrüder aus´m Biermoos, der Stofferl, der Micherl und der Karli, dann dem bosco kamen, umso mehr wunderten sie sich über Gautinger Zustände: „de Altersstruktur is schuld daran,/dass` in da Hauptstraß` koan Kramer, aber drei Bestattungsinstitute ham!“ Eines aber hat Gauting den Nachbarorten voraus: „In Starnberg drübn teans bloß no schaun,/wia, mit wos, wann und wo und wer soit den Tunnel baun,/wui ma in Starnberg kulturell wos erlebn,/muaß ma ins bosco nach Gauting gehn.“

Verschiedene Abordnungen der Familie Well waren in den vergangenen Monaten häufiger zu Gast im bosco, mal als Sextett aus Brüdern und Schwestern, mal solistisch klassisch, mal nur die drei Schwestern und mal ein Bruder in Verbindung mit Musikerkollegen aus anderen Familien und Gegenden. Seit dem Ende der Ära Biermösl-Blosn suchen die Geschwister neue Formen und Formationen, nicht immer waren die Versuche überzeugend. Dieser Abend aber war süffig wie ein frisch gezapftes Augustiner, so perfekt gesalzen wie eine rösche Brezn und ein einziger Ohrenschmaus obendrein. Die Mischung stimmte: zusammen mit dem erst seit kurzem mitwirkenden Bruder Karli hoben Stofferl und Micherl neue Lieder aus der Taufe, putzten alte frisch auf und bewiesen gerade auch hinsichtlich der Texte, dass sie gerade so bissig sind wie vor zehn, zwanzig Jahren. Ob es um die bayerische Regierungsmannschaft geht, um lokalpolitische Recherchen oder um Beobachtungen zum Zustand der Gegenwartsgesellschaft – mit gutem Gespür für die kleinen und großen Schwächen nehmen die drei diese auf die Spitze des Schreibstiftes, machen sich einen frechen Reim darauf und pfeifen denselben auf Flöten, Tuba, Klarinette, zur Harfe, Gitarre, zum Akkordeon und zu einem halben Dutzend weiterer Instrumente bis hin zu Dudelsack, Drehleier und Alphorn.

In musikalischer Hinsicht holt sie ohnehin so leicht niemand ein. Ausgehend von dem Wissen, dass jede Volksmusik, die den Namen verdient, revolutionäres Potential besitzt, setzen die drei Wellbrüder die Landler, Gstanzln, Zwiefachn und all die anderen Weisen wie kleine Pfeilspitzen ein, die sich sanft in die Haut bohren und dort einfach stecken bleiben. Das Lied von den „Grünen“ beispielsweise, das die Uniformfarbe der Polizisten meint und so scheinbar harmlos, als würde ein Spielmannszug besungen, von verprügelten Familien in Rosenheim oder einem erschossenen Studenten in Regensburg erzählt, verprügelt und erschossen von Beamten in Grün. Oder das Lied, in dem Dominopaare gebildet werden nach der Formel „ghert zu“, auf Neudeutsch übersetzt heißt das „belongs to“: da „ghert“ bunga bunga zu Berlusconi und zum Brüderle ein „humpahumpatäterä“.

Instrumentalstücke werden in der Regel zuvor bezüglich der Instrumentierung erklärt. Und da gibt es viel Neues zu erfahren: dass die Alphörner, die „Gigaliner der Stubnmusik“, als Vorläufer des Laubbläsers zu gelten haben oder dass zur Zeit Karls des Großen, dessen Gautinger Geburt die drei Herren wohl nicht so recht glauben mögen, die Drehleier das bevorzugte Instrument war und dieses den Gautingern darum besonders vertraut sein müsse. Ihre historischen Erkenntnisse beziehen die Wells aus erster Hand, vom legendären Brucker Kreisheimatpfleger Toni Drexler, der ihnen auch den entscheidenden Hinweis auf die schottische Herkunft der Familie Well gegeben hat. So lag es nahe, dass Stofferl nach der Pause mit einem Dudelsack auftrat und dann gemeinsam mit den Brüdern ein so traurigschaurigschönes schottisches Grusellied zum Besten gab, dass man sich schon auf den Highlands wähnte. Man hätte noch stundenlang zuhören können, diesem und all den anderen Stücken. Und selbst wenn beim nächsten Mal der Gautinger Bahnhof immer noch stehen sollte, so wird es dieses nächste Mal mit den Wellbrüdern aus´m Biermoos hoffentlich doch geben.

 

Comeback mit neuer Besetzung in Kochel

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Lang haben es die Wellbrüder nicht ausgehalten – ohne Kleinkunst und Musikkabarett: Die Brüder Christoph und Michael Well stehen wieder auf der Bühne und zwar als „Wellbrüder aus dem Biermoos“.

Im Januar gab die Biermösl Blosn nach 35 Jahren auf der Bühne ihr Abschiedskonzert in München. Hans Well – der Älteste der drei Biermösler hat sich bald nach neuen Musikanten umgesehen und mit der „Wellbappn“ eine eigene Formation gegründet.

„Well – Comeback“

Nun haben auch die Brüder Christoph und Michael mit ihrem Bruder Karli die „Wellbrüder aus dem Biermoos“ gegründet. Am vergangenen Freitag war ihre Premierenvorstellung in Kochel. Die neue Formation war bestens informiert über die Lokalpolitik, mischte bitteren Ernst mit musikalischem Witz und begeisterte so das Publikum. Weitere Auftritte gibt es ab Februar.

Stand: 03.12.2012

Br.de vom 03.12.2012

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