Am 28. Februar und 1. März waren Gerhard Polt und die Well-Brüder aus´m Biermoos zu Gast im schönen Stadttheater Fürth. Zu zwei tollen Abenden schreibt Steffen Radlmeier in den Nürnberger Nachrichten:
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Umjubeltes Musik-Kabarett im Stadttheater Fürth – 02.03.2018 07:56 Uhr
Seit knapp 40 Jahren arbeitet der große Solist Gerhard Polt schon mit den hochmusikalischen Well-Brüdern zusammen, die in der bayerischen Biermoos-Gegend leben. Und die Zusammenarbeit funktioniert auch weiterhin bestens, obwohl Hans Well seit 2012 seine eigenen Wege geht. Michael und Christoph Well haben als Ersatzmann ihren Bruder Karl ins Boot geholt und machen einfach dort weiter, wo die Biermösl Blosn aufgehört hat. Gemeinsam garantieren sie „gehobene Unterhaltung mit humanitärem Beigeschmack“.
Längst spielt ihr bayerisches Welt-Musik-Theater in einer ganz eigenen Liga jenseits des tagesaktuellen politischen Kabaretts. Die Dramaturgie ist dabei denkbar einfach: Polts Solo-Sketche wechseln sich mit den musikalischen Einlagen der drei Well-Brüder ab. Manches wird improvisiert, und selbst bekannte Nummern wirken so frisch, als seien sie gerade erst dem Hirnkastl entsprungen.
Im Mittelpunkt des Programms steht der Mensch im Allgemeinen und der Bayer im Besonderen. Jeder kennt solche Zeitgenossen, wie Polt sie darstellt, oft sind sie nicht gerade sympathisch, sondern egoistisch, brutal, beschränkt, gemein, berechnend oder unberechenbar. Und öfter als einem lieb sein kann, erkennt man sich in diesen Typen selbst wieder. Polt macht sich nicht über seine Figuren lustig. Er stellt sie und ihre Denkweise bloß – darin liegt seine Kunst, die den Menschen mit all seinen Abgründen zeigt.
Darum geht es auch in der Revue „Ekzem Homo“, die Polt mit den Well-Brüdern für die Münchner Kammerspiele produziert hat. Teile daraus tauchen auch in dem aktuellen Tournee-Programm auf. „Der größte Feind des Menschen ist der Mensch“, sagt Polt und kommt zu der Erkenntnis: „Es ist erstaunlich, zu welcher Hochform der Mensch auflaufen kann, wenn es um die Missgunst gegenüber seinem Nachbarn geht.“
„Beim Wort , Mensch’ bekomme ich eine Gänsehaut“, heißt es einmal. Nein, der Kabarettist, Autor und Filmemacher hat nicht die allerbeste Meinung von der menschlichen Natur. Zum Verzweifeln besteht seiner Meinung aber kein Grund, höchstens zum Totlachen. Zum Beweis dienen die atemberaubenden Rollenspiele, die dieser großartige Menschendarsteller unheimlich komisch und unheimlich realistisch zugleich vorführt.
Mit stoischer Miene sitzt er im zerbeulten Trachtenjanker auf einem Stuhl und wartet auf seinen Einsatz. Kaum ist er an der Reihe und fängt an zu sprechen, beginnt eine gespenstische Verwandlung: Nur mit Hilfe der Sprache und seiner Stimme schafft es der 75-Jährige, die unterschiedlichsten Charaktere lebendig werden zu lassen.
Da ist der labernde Reihenhausbesitzer, der mit seinem Nachbarn im Clinch liegt, der reaktionäre Rentner, der seinem Enkel auf die demokratischen Sprünge helfen will, der korrupte Landrat, der sich keiner Schuld bewusst ist oder der katholische Pfarrer aus Indien, den es in ein bayerisches Dorf verschlagen hat. Richtig wahnwitzig wird es, wenn Polt in einem Sketch verschiedene Rollen spielt, zum Beispiel die dümmlich säuselnde Radio-Moderatorin und ihren Interviewpartner, einen bekennenden Alkohol-Sportler. Zum Brüllen!
Die virtuosen Musiker setzen dazu die musikalischen Kontrapunkte. Von der Harfe über die Bach-Trompete bis zum Alphorn kommen zahllose Instrumente in den bissigen Schnadahüpferln und hinterfotzigen Gstanzln zum Einsatz. Die Gebrüder Well schaffen es auf verblüffende Weise, Schuplattler und Bauchtanz, Oper, Volksmusik, Pop und Kinderlieder unter einen Hut zu bringen, dass es eine wahre Freude ist.
Was ist der Mensch? Wieso? Weshalb? Warum? Die großen Fragen bleiben an diesem Abend zwar unbeantwortet, aber der aberwitzige Abschiedsgesang in einer afrikanischen Fantasie-Sprache macht deutlich, dass das eigentlich auch wurscht ist.
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