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Drei Wellbrüder geben in Gremsdorf Gas

Die Wellbrüder (Christoph, Michael und Karl) aus dem Biermoos setzen den bissig-derben bajuwarischen Stil fort. Hinzugekommen sind mehr Musikbeiträge für den Multi-Instrumenten-Virtuosen Christoph.

Temporeich lässt Christoph Well die Läufe und Verzierungen eines Divertimento Bavarese erklingen. Komponiert hat das Stück für virtuose Bachtrompete angeblich Wolfgang Amadeus Mozart, als er wegen eines Postkutschenschadens in Hausen, dem fiktiven Wohnort der Wellbrüder, Aufenthalt machen musste. Aufgefunden hat das verschollene Werk der Kreisheimatpfleger Drexler Toni, der sich einen echten Doktortitel über die Herkunft des Flamenco vom Schuhplattler erworben hat.
Diese Passage aus dem Programm der „Wellbrüder aus dem Biermoos“, Christoph, Michael und Karl, zeigt deren Anknüpfen an die Programmtradition der Biermösl Blosn und zugleich den neuen Akzent. Die Instrumentalmusik hat einen höheren Stellenwert bekommen, seit Karli „in einem innerfamiliären Casting ausgewählt“ wurde. Karl, der zwölfte in der Geschwisterreihenfolge, hat, wie seine Biermöslbrüder (Geschwisterfolge 13 und 14), lange musikalische Erfahrung bei „Gugelhupfa“ und – die Ruhe weg.

Erst mal ein Schluck Bier

Er nimmt erst mal einen kräftigen Schluck aus der (fränkischen) Bierflasche, ehe er zur Gitarre greift. In bewährter Manier dreht sich der erste Beitrag um die lokalen Geschehnisse. Landratskandidaten, Landtagsabgeordneter Walter Nussel und Erlangens OB-Kandidat Siegfried Balleis samt Radweg nach Röttenbach bekommen ihr gereimtes Fett ab. Die Schwarzen insbesondere: „Höchstadt und Umgebung ist so schwarz, dass sie sogar bei Tag mit Licht fahren.“ Auch Harmloses erzielt beim Publikum im Forum der Barmherzigen Brüder Lacherfolge, ist doch der Veranstalter der von Landrat Eberhard Irlinger (SPD) initiierte und geleitete Kulturverein.
Mozart – gewissermaßen als Zwischenspiel -, dann kommt das aktuelle Zeitgeschehen dran, knapp und bissig, wie gehabt. Uli Hoeneß wird zitiert mit: „In drei Jahren spielen die schweren Jungs von Landsberg in der Champions League.“ Nach einem Musikexkurs ins Spanische wird es wieder gesellschaftskritisch. In G’stanzeln werden mieses, gewalttätiges Polizeiverhalten und eigenartige Richtersprüche rekapituliert. Mit einem Bach-Stück („für die evangelischen Franken“) nehmen die Brüder die Härte wieder heraus.
Eine Vorgehensweise, die das ganze Programm durchzieht: Virtuose Musikbeiträge auf einer Vielzahl von Instrumenten als Ruhepole zwischen inhaltlich ätzenden, aber wohltuend boarisch gereimten Liedtexten und einigen Boshaftigkeiten in den Zwischentexten. „Nach 40 Jahren muss man gewohnte Feindbilder überdenken“, sagt Christoph an, der auch die Wortbereich die Führungsrolle übernommen hat. Was kommt raus? Eine Darmspiegelung des Ministerpräsidenten, der „Söder, mai fränkischer Abzess“ entdecken muss. Ein Liedtext, so grob und derb, dass es eine Freud‘ ist.
Wie auch die kommentarlose Aneinanderreihung der wichtigsten bayerischen Geschichtsdaten der letzten 50 Jahre. Gut, hier muss der Zuhörer seine (bösen) Assoziationen selber finden.
Warsteiner – der Running Gag der Vorgängergruppe – ist auch dabei. Diesmal in der Bierfalle für Schnecken. Und die bitterbösen „Ausrutscher“ aus dem bewährten Klischees über Oberbayern. Wer schafft es schon, in der Singweise von „Drunt‘ in der greana Au“ von romantischen Edelweißsuchern zum todbringenden Kreislauf der Pharmaindustrie zu gelangen? Oder zu den Bauernregeln der Subventionsanträge?

Politik in den Zugaben

„Forty Cent“ schreit der Rapper ins Mikro. Ach nein, auch das ist Christoph, der sich die Lage der Millibauern auf seine Weise zurechtlegt. Der bewährte Gag mit den Alphörner auf den Publikumsschultern wird zu einer absolut virtuosen Vorstellung samt Thema von Beethovens Neunter.

von Pauline Lindner.

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