Von Susi Donner
RAVENSBURG Er lacht. Der ewige, mürrische Grantler und Moralist Gerhard Polt lacht, und es geht wahrlich die Sonne auf. Nach fast drei Stunden Programm, in denen des Publikum von einem kabarettistischen Höhepunkt in den nächsten katapultiert wurde, schafft es der alte Haudegen, noch einmal ganz neue Gefühle und vor allem Begeisterungs-stürme zu entfachen. Wie er da schelmisch lächelnd sein Jackett auszieht, sich mit langsamen Hüft- und Popowacklern im Kreis dreht, die Arme ausbreitet und afrikanisch singt. Die Chippendales hätten für ihre erotischste Show nicht mehr Applaus bekommen können.
Seit Wochen war dieser Abend mit Polt und den „Wellbrüdern aus’m Biermoos“ ausverkauft. Er ist der Auftakt zum großen Jubiläumsfest der dwp Fairhandelsgenossenschaft, die unter dem Motto „25 faire Jahre“ Geburtstag feiert. Thomas Hoyer, Vorsitzender der dwp eG erzählt, wie glücklich er sei, dass es geklappt habe, Polt und seine Kumpane, Christoph, Michael und Karl Well nach Ravensburg auf die Bühne zu bringen. Ihre fröhliche Gstanzl haben die musikalisch vielseitigen Brüder mit viel Ravensburger Lokalkolorit gespickt. Sie nehmen darin das politische Geschehen Ravensburgs – der nördlichsten und schwärzesten Stadt Italiens – und auch gleich das vom Rest der Welt aufs Korn. Sie singen von Ravensburg 21, vom Rutenfest oder davon, wie Kindern in Ravensburg die Unendlichkeit erklärt wird: Das ist dann, wenn die Südbahn elektrifiziert ist. Und die sarkastisch-witzigen, intelligenten, humorvoll-bissigen Geschichten, die Polt zum Besten gibt, haben im weitesten Sinne mit fairem Handel zu tun. Wenn er von der Fußgängerei erzählt, die für ihn gelaufen sei, von apokalyptischen Radfahrern, von denen er sich nicht das Autofahren verbieten lasse, und statt zu „so lasst uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen“ zum „so lasst mich doch meinen Neuwagen bestellen“ auffordert.
In diesem Zusammenhang erklären die Well-Brüder, dass ein Dirndl in Bayern kein Kleidungsstück sei, sondern das Gegenteil von einem Buben, und der sei wiederum das Gegenteil von einem Ministranten. Dann singen sie von der beliebten bayerischen Outdoor-Sportart „Kammerfensterln“. Am Ende sind die Künstler vom Publikum – „wir haben die positiven Schwingungen gespürt“ – ebenso begeistert wie das Publikum von den Künstlern. Und Polt und die Wellbrüder versprechen, wieder zu kommen, wenn die dwp ihren 125. Geburtstag feiert – und dasselbe Publikum sich wieder einfinden wird. Versprochen ist versprochen. Bis in 100 Jahren also!